Sie sind Lehrer*in in einer Gemeinschaftsschule. Nach den Weihnachtsferien beginnen Sie den Unterricht in der 5b, in der Sie Klassenlehrer*in sind. Sie fragen die Klasse hinsichtlich ihrer Ferienaktivitäten. Hierbei fällt Ihnen auf, dass ein Schüler, Manuel, 11 Jahre, ungewöhnlich ruhig ist und sich nicht an der „Fragerunde“ beteiligt.
Manuel fragen, ob es ihm gut geht. Erzählen, dass bemerkt wurde, dass er heute ungewöhnlich ruhig war. „Waren deine Ferien nicht schön? Du weißt ja, dass du mich immer ansprechen darfst, wenn du ein Problem hast.“
Vier Wochen später unterhalten Sie sich zufällig im Lehrerzimmer mit Ihrem Kollegen, der Sportlehrer ist. Er fragt Sie, ob Sie wüssten was mit Manuel sei. Er hätte wiederholt nicht beim Sportunterricht mitmachen können, weil er „angeblich“ seine Sportsachen vergessen habe. Beim letzten Mal habe er ihn damit konfrontiert. Manuel sei allerdings einem Gespräch ausgewichen.
- in vertraulicher Atmosphäre Gespräch mit Manuel führen und versuchen, herauszufinden, warum er keine Sportsachen mitbringt ohne Vorwürfe oder Schuldzuweisungen
- deutlich machen, dass er mit einer unentschuldigten Nicht-Teilnahme seine Note gefährdet
- Nachfragen, ob er bei Bereitstellung von Sportsachen (beispielsweise aus den Fundstücken in der Schule) am Sportunterricht teilnehmen würde
- beschämende Sanktionen (wie unpassende Fundstücke tragen müssen) sollten auf jeden Fall unterbleiben und die Sportlehrkraft auch entsprechend sensibilisiert werden.)
- ob Manuel bei ihnen ebenfalls aufgefallen ist/ Informationen über die Familie bekannt sind.
- Ihr seid jetzt fast sechs Monate in der Klasse, kennt die Schule und habt euch mehr oder weniger gut eingelebt – müssen wir was verändern/ können wir was verbessern?“
- Visualisierung zum Thema Klassenklima und Angebote vorstellen, bei denen Mädchen und Jungen Hilfe finden können.
Sie entscheiden sich kurz nach dem Gespräch mit Ihrem Kolleg*innen, Manuel hinsichtlich seiner augenscheinlich betrüblichen Situation zu befragen. Manuel weicht zunächst aus, beginnt dann zu weinen. Er sagt, dass es ihm zurzeit nicht gut ginge. Das sei aber sein Problem; er würde das schon „irgendwie hin bekommen“!
- im Gespräch darauf hinweisen, dass er schwierige Situationen nicht allein hinbekommen müsse und es oft besser sei, sich Hilfe zu suchen
- emotionale Unterstützung zusichern, auf Schulsozialarbeit/Schulpsychologie sowie Vertrauenslehrkraft hinweisen, eigene Unterstützung und Gesprächsbereitschaft zusichern
- Nachfragen, ob das schlechte Wohlbefinden mit der Klasse/Schule in Zusammenhang steht und wenn ja, wie.
- Eltern zum Gespräch einladen und von ihnen die Situation erfragen.
- In der Beratung mit Manuel an das Gespräch nach den Weihnachtsferien anknüpfen. „Was ist los? Ich möchte gerne, dass es dir hier gut geht. Was kann ich tun, um dich zu unterstützen? Ich bin sicher, dass da etwas ´im Busch´ ist – aber ich kann es nicht einordnen. Warum vergisst du immer wieder deine Sportsachen? Was ist so schrecklich, dass du nicht darüber reden kannst. Vielleicht magst du mit jemand anderen reden?“
- Fallbeispiele benutzen, konkrete Vermutungen benennen und Reaktion beobachten.
- kann helfen, herauszufinden, ob die Situation auf familiäre Gegebenheiten zurückzuführen ist (z.B. finanzielle Probleme, Tod von Angehörigen, o.ä.).
Einen Tag später sind Sie wieder in der 5 b. Bei der Hausaufgabenkontrolle sucht Manuel sein Heft im Ranzen, findet es aber nicht. Er schreit: „Alle hassen mich – Ich kann nicht mehr!“ und rennt aus der Klasse heraus!
- „familiäre Probleme“ prüfen
- abklären, ob eine Akutsituation vorliegt und der Schüler gefährdet sein könnt
- Dem Schüler nachgehen und erfragen, was los ist und ob die Mitschüler*innen ihn ärgern
- Gespräch mit der Klasse, das es Manuel nicht gut geht – Vorfall besprechen und das Thema nicht „kleinreden“
- Standpunkt klar beziehen
- Perspektivenwechsel ermöglichen
- Psychische Folgen für Opfer von Mobbing verdeutlichen
- alle Schüler*innen aktiv in die Handlungsoptionen einbeziehen „Was können wir machen, dass es Manuel wieder gut geht!”